Heil hält rasche Einführung einer Übergewinnsteuer für unwahrscheinlich
In der Debatte um eine mögliche Übergewinnsteuer dämpft Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Erwartungen. Er finde die Diskussion zwar legitim, aber die Rechtslage sei noch unklar, sagte Heil der "Welt am Sonntag". FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hingegen bezeichnete die Idee einer Übergewinnsteuer, die vor allem Grünen-Politiker für überlegenswert halten, als "populistisch und gefährlich".
Derzeit wird eine Übergewinnsteuer vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges diskutiert. Dessen wirtschaftliche Folgen stellen zwar viele Unternehmen vor Probleme, in einzelnen Branchen ermöglichen sie jedoch auch deutlich höhere Profite.
Grundsätzlich stehe er einer Übergewinnsteuer nicht ablehnend gegenüber, sagte Heil der "Welt am Sonntag". Die konservativen Tories in Großbritannien hätten ein ähnliches Vorhaben auf den Weg gebracht - "und die sind unverdächtig, sozialistische Umverteiler zu sein", sagte der SPD-Politiker. Allerdings müssten noch bestimmte Fragen geklärt werden.
Djir-Sarai dagegen sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, eine Übergewinnsteuer "würde den Wirtschaftsstandort Deutschland massiv beschädigen. Unternehmen würden in Zukunft nicht mehr bei uns zu investieren, Arbeitsplätze schaffen und ihre Steuern bezahlen."
Niemand könne sauber definieren, wo die "normalen" Gewinne aufhörten und die "Übergewinne" anfingen, argumentierte der FDP-Generalsekretär. "Keine Branche in Deutschland wäre vor willkürlichen Besteuerungsmaßnahmen mehr sicher."
Der finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Sebastian Brehm, nannte die Debatte ein "populistisches Scheingefecht". Mit dem "Popanz der angeblich raffgierigen Konzerne" solle von der Tatsache abgelenkt werden, "dass der Fiskus gegenwärtig der größte Profiteur der Inflation ist", erklärte er in Berlin. Zudem würden die Verbraucher die neue Steuer am Ende über noch höhere Preise bezahlen.
Derzeit nehmen Befürworter einer Übergewinnsteuer vor allem die Mineralölbranche in den Fokus. Den Konzernen wird vorgeworfen, die Preise für Benzin und Diesel künstlich hoch zu halten, obwohl seit 1. Juni der sogenannte Tankrabatt gilt, eine befristete Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe.
Diese Maßnahme wurde von der FDP durchgesetzt. Ihre Vertreter sehen nun Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der Pflicht. "Es ist Aufgabe des Wirtschaftsministers, über das Kartellamt sehr genau hinzuschauen, wie die Mineralölkonzerne mit dem Tankrabatt umgehen", sagte Djir-Sarai.
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, es müsse dafür gesagt werden, dass die Mineralölwirtschaft den Tankrabatt vollständig an die Kunden weitergebe. "Minister Habeck muss jetzt Druck machen und gemeinsam mit dem Bundeskartellamt dafür sorgen, dass die Entlastung greift", sagte er der "Bild"-Zeitung.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) verwies im Deutschlandfunk ebenfalls auf das Kartellamt. Änderungen oder eine Abschaffung des Tankrabatts schloss er aus. Der Rabatt sei per Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden. "Jetzt kann man nicht hergehen und kann sagen, wir ändern das jetzt kurzfristig", sagte er im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks laut Vorabmeldung.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, der Tankrabatt sei von Anfang an keine gute Lösung gewesen. Er komme "letztlich nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern an, sondern bleibt bei den Mineralölkonzernen", sagte er. "Ich halte es für falsch, dass die Politik noch einmal drei Monate weiter diese Milliardenbeträge letztlich den Mineralölkonzernen zahlt."
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