Bauern fordern Stopp von EU-Mercosur-Abkommen - Scholz drückt aufs Tempo
Der mögliche Abschluss des EU-Freihandelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten erhitzt die Gemüter europäischer Landwirte. Der Deutsche Bauernverband forderte einen Stopp des Abkommens, in Frankreich entzündete sich eine neue Welle landesweiter Proteste. Auch aus Italien kam Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich dagegen am Rande des G20-Treffens in Rio de Janeiro erneut für einen schnellen Abschluss aus.
"Wir müssen das Freihandelsabkommen Mercosur jetzt nach über 20 Jahren mal endlich fertig kriegen", sagte Scholz in Rio. "Das hat viel zu lange gedauert." Grundsätzlich sei "nicht akzeptabel", dass "wenige Einzelne" bei der Verhandlung von Freihandelsabkommen "alles aufhalten können", sagte Scholz vor allem mit Blick auf Frankreich.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bei einem Besuch in Argentinien am Sonntag seine Ablehnung bekräftigt. Auch Italiens Agrarminister Francesco Lollobrigida erklärte nun, das Abkommen sei in seiner jetzigen Form "nicht akzeptabel".
Um das Freihandelsabkommen mit dem Bund der Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und inzwischen auch Bolivien wird seit mehr als zwei Jahrzehnten gerungen. Eigentlich ist es seit 2019 fertig ausgehandelt, es ist aber noch nicht rechtsgültig beschlossen.
Der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied warnte, das Abkommen würde "einseitig zu Lasten unserer Landwirtschaft gehen". Die heimische Erzeugung würde "durch Agrarimporte zu Standards aus dem vergangenen Jahrhundert verdrängt". Das Mercosur-Abkommen gehöre daher gestoppt und grundsätzlich neu verhandelt.
In Frankreich ist der Widerstand gegen das EU-Abkommen besonders groß. Landesweit gingen am Montag Landwirte auf die Straße, blockierten mit Traktoren Straßen, entzündeten Protestfeuer oder stellten Holzkreuze auf. Weitere Aktionen sind für die kommenden Wochen geplant.
Präsident Macron bekräftigte am Sonntag bei einem Besuch in Argentinien seine Ablehnung des Mercosur-Abkommens. Frankreich lehne es ab, sagte er. "Wir glauben nicht an das Vorabkommen, so wie es ausgehandelt wurde."
Italiens Landwirtschaftsminister Lollobrigida, ein enger Vertrauter von Regierungschefin Giorgia Meloni, forderte zudem am Montag, Landwirte in den Mercosur-Staaten müssten die "gleichen Pflichten" hinsichtlich Arbeitsrechten und Umweltstandards haben.
Deutsche Wirtschaftsverbände und die Bundesregierung drängen hingegen seit Jahren auf die Ratifizierung des Abkommens. Der Vize-Fraktionschef der FDP im Bundestag, Lukas Köhler, erklärte: "Statt Handelsabkommen wie Mercosur durch Maximalforderungen in Umwelt- und Sozialfragen zu überfrachten, müssen wir endlich pragmatisch auf einen Abschluss drängen." Freihandelsabkommen machten Europa stärker, "verringern unsere Abhängigkeit von China und sichern den Zugang zu neuen Märkten für unsere Unternehmen".
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht den Vertrag vor dem Mercosur-Gipfel in Uruguay Anfang Dezember auf der Zielgeraden. Allerdings stecke der Teufel im Detail, sagte sie zuletzt.
Um die Blockade aufzulösen, könnte die EU-Kommission den Handelskern des Abkommens von dem politischen Teil abtrennen. Der Handelsteil könnte dann mit einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten beschlossen werden - also 15 Ländern, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung umfassen. Anschließend müsste nur noch das Europaparlament den Text ratifizieren und nicht mehr die Parlamente aller Mitgliedsländer.
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