Deutsche wollen mehr Klimaschutz - und fürchten vielfach soziale Folgen
Die Mehrheit der Deutschen hält Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel für wichtig - und gleichzeitig fürchten viele um ihren sozialen Status. "Die Menschen haben das Gefühl, dass dringend gehandelt werden müsste", sagte Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung einer Studie zum Umweltbewusstsein. Allerdings äußerten fast vier von zehn Befragten Angst vor einem sozialen Abstieg.
58 Prozent der Befragten zeigten sich zudem verunsichert durch das, was durch den Umbau der Wirtschaft auf sie zukommt - dabei lag der Anteil in Ostdeutschland mit 72 Prozent deutlich höher lag als im Westen (55 Prozent).
UBA-Präsident Messner leitete daraus einen Auftrag an die Bundesregierung ab: Es müsse deutlicher gemacht werden, wie eine sozialverträgliche Klimatransformation aussehen könne. "Wenn das nicht gelingt, dann bröckelt die Zustimmung für Klimaschutz", warnte er.
91 Prozent der Befragten unterstützen der Umfrage zufolge das Ziel des ökologischen Umbaus der deutschen Wirtschaft. In der repräsentativen Erhebung schätzen die Befragten dementsprechend die Notwendigkeit von Anpassungs- und Schutzmaßnahmen hoch ein. 85 Prozent der Befragten nahmen demnach bereits sehr starke oder starke Auswirkungen des Klimawandels wahr.
Für die repräsentative Studie wurden im Sommer 2022 insgesamt 2072 Menschen ab 14 Jahren befragt. Die Befragung und Auswertung nahmen das ConPolicy Institut sowie das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung vor. Die Umweltbewusstseinsstudie erforscht seit 1996 im Zweijahresrhythmus, wie sich Umweltbewusstsein und Umweltverhalten der Bevölkerung in Deutschland entwickeln.
Insgesamt sank die Einschätzung von Klima- und Umweltschutz als wichtiges politisches Thema. 57 Prozent halten Umwelt- und Klimaschutz in der aktuellen Umfrage für sehr wichtig - in den vorherigen Erhebungsjahren 2020 und 2018 waren es noch mehr als 60 Prozent. Das Umweltbundesamt betonte jedoch, angesichts von Krisen wie dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise würden die Bürger Klimaproblemen weiterhin eine sehr hohe Bedeutung zumessen.
Unterdessen unterstrich auch der neue Vorsitzende des Weltklimarates, Jim Skea, die Bedeutung politischer Kommunikation beim Klimaschutz. "Man muss sich der sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Klimaschutzmaßnahmen sehr bewusst sein und die entsprechenden Auswirkungen gut managen", sagte Skea dem Berliner "Tagesspiegel".
Die Studie zum Umweltbewusstsein fragte auch die Einstellung der Deutschen zu Klimabewegungen ab. 61 Prozent der Befragten gaben an, mit Protestformen wie der Besetzung von Wäldern oder Autobahnen nicht oder eher nicht einverstanden zu sein.
Ebenfalls 61 Prozent gaben an, die Forderungen von Klimabewegungen zu unterstützen und finden, dass die Politik mehr auf sie hören sollte. Die Wahrnehmung der heutigen Umweltbewegungen fällt demnach negativer aus als die Wahrnehmung von Fridays For Future bei der letzten Erhebung im Jahr 2020.
"Dies kann einerseits eine zeitliche Entwicklung sein, wahrscheinlicher ist es jedoch, dass Umweltbewegungen, die neben Demonstrationen auch zivilen Ungehorsam einsetzen, auf stärkere Ablehnung stoßen als die Schülerstreiks von Fridays For Future", hieß es dazu in der Studie.
UBA-Präsident Messner legte Klimaaktivisten der Letzten Generation das Überdenken ihrer Protestformen nahe. "Ich würde den Mitgliedern der Letzten Generation empfehlen, über ihre Aktionsformate nachzudenken", sagte Messner.
Von der FDP kamen mahnende Worte in Richtung UBA-Chef. Messner und das UBA "dürfen die Augen nicht vor der Realität der Menschen verschließen", sagte die FDP-Umweltpolitikerin Judith Skudelny der Nachrichtenagentur AFP. Krieg und Inflation würden zu Existenzängsten führen, warnte sie. "Als Politik müssen wir diese Sorgen ernst nehmen und dürfen die Leute nicht noch weiter überfordern." Die Maßnahmen beim Klimaschutz müssten umsetzbar und bezahlbar sein.
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