Iraner gehen trotz harten Vorgehens der Sicherheitskräfte erneut auf die Straße
Im Iran sind in der Nacht zu Dienstag erneut zahlreiche Demonstranten nach dem Tod einer jungen Frau in Polizeigewahrsam auf die Straße gegangen. In Teheran und anderen Städten skandierten die Protestierenden laut Augenzeugen regierungsfeindliche Parolen wie "Tod dem Diktator". Bei den seit elf Tagen anhaltenden Protesten wurden Aktivisten zufolge bislang mindestens 76 Menschen getötet. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte äußerte sich besorgt über das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte.
Unter den dutzenden Toten in insgesamt 14 Provinzen seien sechs Frauen und vier Kinder, teilte die NGO Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo mit. Iranische Behörden sprechen von bislang 41 Toten, darunter auch Sicherheitskräfte. Außerdem wurden den Angaben zufolge mehr als 1200 Menschen festgenommen.
In Sanandadsch, der Hauptstadt der nordwestlichen Provinz Kurdistan, aus der Mahsa Amini stammte, kletterten Frauen auf Autodächer und nahmen ihre Schleier ab, wie Fotos von IHR zeigten. Auf den Bildern war keine Polizei zu sehen.
IHR berichtete jedoch auch von Videomaterial und Sterbeurkunden, die bestätigten, dass "mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen wurde". Auf Videos aus Tabris im Nordosten war zu sehen, wie die Polizei Tränengas einsetzt. Zudem waren Schüsse zu hören.
Wie aus Videos hervorgeht, die von der Nachrichtenagentur AFP veröffentlicht wurden, schlug die Bereitschaftspolizei mit Schlagstöcken auf Demonstranten ein. Studenten zerrissen große Fotos des obersten geistlichen Führers des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, und seines Vorgängers Ayatollah Chomeini.
Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) erklärte am Dienstag, es sei "sehr besorgt über die anhaltende gewaltsame Reaktion der Sicherheitskräfte auf die Proteste im Iran".
Der Iran macht "ausländische Verschwörungen" für die Proteste verantwortlich. Außenminister Hossein Amir-Abdollahian warf den USA vor, sich in die Angelegenheiten des Iran einzumischen und "die Krawallmacher" zu unterstützen. US-Präsident Joe Biden hatte zuvor die Solidarität seines Landes mit den "tapferen Frauen des Iran" bekundet.
Auslöser der landesweiten Proteste war der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei. Amini war am 13. September wegen des Vorwurfs festgenommen worden, das islamische Kopftuch nicht den strikten Vorschriften entsprechend getragen zu haben. Sie brach nach ihrer Festnahme unter ungeklärten Umständen auf der Polizeiwache zusammen und wurde drei Tage später im Krankenhaus für tot erklärt.
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