Gutachten: Corona-Beschränkungen setzen nicht Frist in Dublin-Asylverfahren aus
Die Einschränkungen während der Corona-Pandemie haben einem juristischen Gutachten zufolge nicht automatisch zur Fristverlängerung für die Überstellung von Asylbewerbern innerhalb der EU geführt. Für sich allein stelle die Pandemie keinen rechtmäßigen Grund dar, um die sechsmonatige Frist für die Überstellung nach den europäischen Dublin-Regeln zu unterbrechen, argumentierte Generalanwalt Priit Pikamäe in seinen am Donnerstag am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegten Schlussanträgen. (Az. C-245/21 und C-248/21)
Das Dublin-Verfahren regelt das europäische Asylrecht. In den vorliegenden Fällen ging es um den Streit zwischen drei Asylbewerbern und der Bundesrepublik. Die Asylanträge waren für unzulässig erklärt worden, die Asylbewerber hätten nach den Dublin-Regeln nach Italien zurückgeschickt werden müssen. Dort hatten sie zuvor bereits Schutz beantragt, weshalb die italienischen Behörden für sie zuständig waren.
Allerdings setzte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die innerhalb von sechs Monaten nötige Überstellung selbst aus, weil es sie wegen der Corona-Pandemie praktisch als unmöglich einstufte. Das Bundesverwaltungsgericht will vom EuGH wissen, ob die Frist wirklich durch die Einschränkungen unterbrochen wurde oder ob nach Ablauf der Frist nicht Italien von seiner Pflicht zur Prüfung der Asylanträge entbunden wird und dies an Deutschland zurückfällt.
Den Schlussanträgen des Generalanwalts zufolge stellen die Einschränkungen der Corona-Pandemie für sich allein keinen rechtmäßigen Grund für eine Unterbrechung der Überstellungsfrist dar. Allerdings könne die Verwaltung unter bestimmten Voraussetzungen die Überstellungsfrist aussetzen. Diese Aussetzung könne hauptsächlich wegen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Überstellungsentscheidung angeordnet werden, die vor einem nationalen Gericht im Rahmen eines Rechtsbehelfs geltend gemacht werden.
Die Richterinnen und Richter des EuGH müssen sich bei ihrer späteren Entscheidung nicht an das Gutachten des Generalanwalts halten. Sie orientieren sich aber oft an seiner Einschätzung. Ein Termin für die Urteilsverkündung wurde noch nicht bekannt gegeben.
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