Gericht weist Angeklagten von Amokfahrt auf Berliner Stadtautobahn in Psychiatrie ein
Eineinhalb Jahre nach einer Amokfahrt auf der Berliner Stadtautobahn hat das Berliner Landgericht am Montag die Unterbringung des Angeklagten in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. Die Tatvorwürfe gegen den 31-jährigen Sarmad A. hätten sich im wesentlichen bestätigt, sagte die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Er habe die "schwerwiegenden Taten" jedoch im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen und könne deshalb nicht für diese bestraft werden.
A. war nach den Feststellungen des Gerichts am 18. August 2020 mit seinem Opel Astra auf die Stadtautobahn 100 gefahren. Er habe zuerst mehrere Fahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit überholt, dabei Beschädigungen und Kollisionen in Kauf genommen. Danach habe er drei Motorradfahrer mit Geschwindigkeiten von teils über hundert Stundenkilometern gerammt.
Der Angeklagte habe eine "Amokfahrt" getätigt und versucht, die drei Motorradfahrer "durch gezieltes Auffahren von hinten zu töten", sagte die Vorsitzende Richterin. Die drei seien dadurch schwer verletzt worden, nur einem glücklichen Zustand sei es zu verdanken, dass sie überlebten. Die Kammer folge der rechtlichen Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft. Diese hatte die drei Taten als versuchte Morde bewertet.
A. hatte einer psychiatrischen Gutachterin gegenüber angegeben, dass während der Fahrt ein schwarzer Engel des Todes mit im Auto gesessen habe und dieser teilweise auch gefahren sei. Die Gutachterin attestierte dem 31-Jährigen eine paranoide Schizophrenie. Während der Tat sei seine Steuerungsfähigkeit zudem aufgehoben gewesen.
Das Gericht folgte dieser Auffassung: "Er hat die Taten in einer Phase der akuten Krankheit begangen", sagte die Vorsitzende der Strafkammer. Er habe islamistische und religiöse Motive in seinen Wahn eingebaut und sich in den Jahren vor der Tat zunehmend dem Islam zugewandt. Ein islamistisches Motiv habe sich jedoch nicht feststellen lassen.
Beendet wurde die Amokfahrt von A. durch eines der gerammten Motorräder, das sich im Tatfahrzeug verkeilte. Der Angeklagte stieg daraufhin aus seinem Auto aus und stellte eine Munitionskiste auf das Autodach. Umstehenden Zeugen und Polizeibeamten drohte er mit dem Tod. Einsatzkräfte gingen davon aus, dass sich in der Munitionskiste ein Sprengsatz befinden könnte, dies war jedoch nicht der Fall. Vor seiner Festnahme rollte er außerdem einen Gebetsteppich auf der Fahrbahn aus und begann zu beten.
Das Gericht kam mit seinem Urteil der Forderung der Generalstaatsanwaltschaft im Wesentlichen nach. Diese hatte die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik gefordert, da A. außerhalb einer solchen Einrichtung weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit sei. Der Zustand seiner Erkrankung dauere an, es sei zu erwarten, dass er jederzeit wieder psychotisch wird, sagte die Richterin.
Die Verteidigung des 31-Jährigen hatte beantragt, die Forderung der Anklage zurückzuweisen. Ihr Mandant habe sich "in einem psychotischen Zustand" befunden, könne deshalb nicht gezielt Jagd auf Motorradfahrer gemacht haben, sagte die Verteidigerin in ihrem Plädoyer. Außerdem sei er keine Gefahr für die Allgemeinheit.
"Ich möchte meine Entschuldigung den Geschädigten aussprechen", sagte der Angeklagte im Anschluss an die Plädoyers. Die Tat sei "kein terroristischer Anschlag" gewesen und auch von ihm "nicht absichtlich" verübt worden. A. ist seit seiner Festnahme in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht, der Prozess gegen ihn begann im April 2021.
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