Trotz internationalen Haftbefehls: Putin zu Besuch in der Mongolei eingetroffen
Der russische Präsident Wladimir Putin ist ungeachtet eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in der Mongolei empfangen worden. Der Kreml-Chef wurde am Montag am Flughafen der Hauptstadt Ulan Bator von einer Ehrengarde begrüßt. Der IStGH hatte seinen Haftbefehl wegen der mutmaßlichen illegalen Verschleppung ukrainischer Kinder im seit Februar 2022 andauernden Ukraine-Krieg ausgestellt. Die Ukraine, der Westen und Menschenrechtsaktivisten fordern seine Vollstreckung.
Anlass von Putins Mongolei-Reise sind die Feierlichkeiten zum 85. Jahrestag des Sieges der sowjetischen und mongolischen Streitkräfte über Japan. Auf dem Programm steht ein Treffen von Putin mit dem mongolischen Präsidenten Uchnaa Chürelsüch.
Vergangene Woche hatte Kiew die mongolischen Behörden aufgefordert, den Haftbefehl gegen Putin zu vollstrecken. Der IStGH erinnerte derweil daran, dass seine Mitglieder die "Verpflichtung" hätten, von dem in Den Haag ansässigen Tribunal gesuchte Verdächtige festzunehmen. Wenn die mongolischen Behörden sich nicht daran halten, kann das IStGH allerdings kaum etwas dagegen unternehmen.
Die zwischen Russland und China gelegene Mongolei stand zu Zeiten der Sowjetunion unter deren Einfluss. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bemühte sich das Land, weiter gute Beziehungen zu Moskau und Peking zu unterhalten. Den russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 hat die Regierung in Ulan Bator nicht verurteilt, bei UN-Abstimmungen über den Konflikt enthielt sich die Mongolei.
Der IStGH hatte im März 2023 seinen Haftbefehl gegen Putin erlassen. Es gebe "vernünftige Gründe anzunehmen", dass der Kreml-Chef "die Verantwortung für das Kriegsverbrechen der widerrechtlichen Deportation" ukrainischer Kinder nach Russland trage, erklärte das Gericht damals. Die Regierung in Kiew wirft den russischen Behörden vor, aus den von ihr kontrollierten ukrainischen Gebieten tausende Kinder aus Kinderheimen und anderen staatlichen Einrichtungen nach Russland gebracht zu haben.
Medienrecherchen ergaben, dass ukrainische Kinder von russischen Familien adoptiert und ihre Namen geändert wurden. Dies brachte Moskau den Vorwurf ein, die ukrainische Identität der Kinder auslöschen zu wollen. Die russischen Behörden versichern hingegen, sie hätten einige Kinder aus der Umgebung von Kampfgebieten zu deren eigenem Schutz nach Russland gebracht.
Putins Reise in die Mongolei ist sein erster Besuch in einem IStGH-Mitgliedsstaat seit Ausstellung des Haftbefehls. Der Kreml hatte im Vorfeld der Reise mitgeteilt, dass Putin sich "keine Sorgen" wegen einer möglichen Festnahme in der Mongolei mache.
Vergangenes Jahr hatte Putin seine Teilnahme am Gipfel der sogenannten Brics-Staaten in Südafrika abgesagt, das ebenfalls zu den IStGH-Staaten gehört. Zuvor war die südafrikanische Regierung im In- und Ausland gedrängt worden, den Haftbefehl gegen Putin zu vollstrecken.
Der Direktor von Amnesty International Mongolei, Altantuya Batdorj, warnte davor, Putin durch Tatenlosigkeit zu ermutigen: "Jede Reise in ein IStGH-Mitgliedsland, die nicht mit einer Festnahme endet, wird Präsident Putin in seinem gegenwärtigen Kurs bestärken und muss als Teil strategischer Bemühungen angesehen werden, die Arbeit des IStGH zu unterlaufen."
Elena Vignoli von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte vor Putins Eintreffen in Ulan Bator erklärt, den Kreml-Chef zu empfangen, "wäre nicht nur ein Affront gegenüber den vielen Opfern der Verbrechen der russischen Streitkräfte, sondern würde auch das entscheidende Prinzip unterlaufen, dass niemand, egal wie mächtig er ist, über dem Gesetz steht".
Die Mongolei hat das Römische Statut, die vertragliche Grundlage des IStGH, im Jahr 2000 unterschrieben und es 2002 ratifiziert. Nach Kritik an dem Gericht wegen eines Haftbefehls gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg zählte die Mongolei zu den 93 Staaten, die dem IStGH in einem offenen Brief ihre "standhafte Unterstützung" aussprachen und alle Mitgliedstaaten zur "vollen Kooperation" mit dem Gericht aufriefen.
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